WARUM SUCHTVORBEUGUNG?

Sucht ist eine ganzheitliche Erkrankung mit seelischen, körperlichen und sozialen Auswirkungen. Es existiert eine Vielzahl suchtfördernder Faktoren, auf der individuellen Ebene, im sozialen Umfeld und durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die den Krankheitsverlauf sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Ausweichendes Verhalten in Krisensituationen, mangelndes Selbstwertgefühl, geringe Frustrationstoleranz und die Unfähigkeit Konflikte zu lösen sind einige solcher suchtfördernden Lebensumstände. Man spricht in diesem Zusammenhang von "Risikofaktoren".
Zusätzlich ist eine Suchterkrankung ein dynamischer Prozess der nicht im landläufigen Sinne geheilt werden kann, da er sich sowohl dem rein medizinischen als auch dem nur psychiatrisch/therapeutischen Behandlungsmethoden durch seine sehr ausgeprägten psychosozialen und gesellschaftlich stigmatisierenden Aspekte entzieht. Suchterkrankungen sind meist nicht nur Ausdruck einer individuellen Erkrankung sondern "haben System", d.h.: oft sind Süchtige Symptomträger eines Suchtsystems, das im sozialen Umfeld, meist dem der Familie, zu finden ist.

Sucht ist wie bereits erwähnt eine "psycho-somatisch-soziale" Erkrankung. Sie ist nicht ansteckend, sondern entwickelt sich aus dem Zusammenspiel ungünstiger Lebenszusammenhänge im Bereich der Familie, des Freundeskreises, des sozialen und gesellschaftlichen Umfeldes. Sucht ist also auch eine Krankheit mit vielen auslösenden Ursachen.

Es gibt viele verschiedene Formen von Sucht: Suchterkrankung ist nicht an die Einnahme von psychoaktiven Substanzen gebunden. Als Beispiele seien hier nur die Spielsucht, süchtige Essstörungen, Arbeitssucht und ähnliche handlungsbezogene Suchtformen genannt.

Wichtige Eigenschaften eines gesunden Menschen sind Konfliktfähigkeit, ein intaktes Selbstwertgefühl, Genussfähigkeit, aktives Freizeitverhalten und ein soziales Netz von Beziehungen, das in Krisensituationen die Möglichkeit zur Aussprache geben kann. Das sind "Schutzfaktoren".

Um der Komplexität des Krankheitsbildes "Sucht" gerecht werden zu können, muss Prävention daher gleichfalls ganzheitliche Konzepte entwickeln, um wirksame vorbeugende Arbeit leisten zu können.

Im Mittelpunkt der Suchtvorbeugung steht nach modernen pädagogischen Erkenntnissen nicht mehr nur die (meist abschreckende und damit oft faszinierende) Information über legale und illegale Substanzen und ihre Wirkungen, sondern die konkrete Beschäftigung mit der Lebenswelt der Jugendlichen.
Dazu gehört die Vermittlung einer positiv besetzten Körper- und Sinneswahrnehmung zur Bewusstmachung der körpereigenen "Rauscherlebnisse" (durch Methoden der Erlebnispädagogik sowie Entspannungs- und Kreativitätstechniken), die Förderung von Kommunikations- und Handlungskompetenzen auf individueller und sozialer Ebene, das Kennenlernen und Erproben von Modellen zur Konflikt- und Frustrationsbewältigung, (durch Interaktionsübungen, Theaterpädagogik und Gruppendynamik). Ebenso wichtig ist die Beschäftigung mit Freizeitgestaltung und die Stärkung der Medienkompetenz. (die jugendliche Wertfindung findet heutzutage hauptsächlich in diesen Bereichen statt)

Im Mittelpunkt präventiver Arbeit steht aber immer die "authentische Beziehungsarbeit".

Die Auseinandersetzung und das Lernen am "Modell" ist eine wichtige Grundlage der Suchtvorbeugung. Wobei der "Modellträger" nicht unbedingt eine abstinzenzorientierte Haltung einnehmen sollte, sondern eine "risikooptimierte", das heißt einen bewältigten Umgang mit Risikofaktoren.
Denn Werthaltungen und Handlungskompetenzen muss der/die Jugendliche eigenverantwortlich entwickeln. Das Wissen um Gefahren oder Risiken hat noch wenigen Menschen wirklich geholfen, eben diesen in ihrem alltäglichen Handlungsrepertoire adäquat zu begegnen.

Suchtprävention versucht daher diese positiven Eigenschaften bei der jeweiligen Zielgruppe zu stärken um die eigenen Möglichkeiten bewusst zu machen und die Lebenskompetenz und Selbstverantwortlichkeit zu unterstützen.

© Michael Guzei / 11/2003

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